BRÄNDLES BALLBERICHT


 

Land der Berge, Land der Seen, Land der Goalies

 

Fabian Brändle

 

Die Schweiz ist berühmt für ihre Kleinräumigkeit, für ihre abwechslunsgsvollen Landschaften. Hügel, Berge, Flüsse und Seen wechseln sich beinahe halbstündlich ab, wenn man das Land bequem im Zug durchreist. Im Fussball ist Kleinheit bekanntlich kaum von Vorteil, und so vermag es nicht zu erstaunen, dass Helvetien mit den grossen, bevölkerungsreichen Nachbarstaaten Italien, Frankreich und Deutschland nicht ganz mithalten kann. Zwar wurde die Talentsuche intensiviert und professionalisiert, zwar befruchten auslandstämmige Talente und so genannte „secondos“ das einheimische Schaffen, doch die Auswahl an hoffnungsvollen jungen Männern bleibt in einem Achtmillionenland mehr als begrenzt. Umso mehr überrascht es, dass die Position ganz hinten seit Menschengedenken stark besetzt ist. Die letzten Männer waren kaum je Schuld, wenn die „Nati“ wieder einmal verlor, auch in den unseligen, von vielen „ehrenvollen“ Niederlagen geprägten 1970er und 1980er Jahren nicht.

Damals hütete mit Erich Burgener ein Oberwalliser, ein „Bergler“, das Gehäuse der Nationalmannschaft. Er spielte sachlich, ruhig, konnte aber auch hechten und tolle Paraden zeigen. Sein Stammverein war Servette Genf. Burgener „kätschte“ stets stoisch einen Kaugummi, das war sein Markenzeichen. Seine Rivalen um den Posten ganz hinten hiessen Karl Engel (FC Luzern, Xamax Neuenburg), der ihm folgte, und Dr. Roger Berbig von GC, zwei ebenfalls souveräne Goalies. Dr. Berbig war Oberarzt für Chirurgie am Spital in Uster bei Zürich, als ich dort als Rekrut der Schweizer Armee meine dreiwöchige Vollendung des Grunddienstes antrat. Herr Dr. Berbig war nett, freute sich, als ich ihn sogleich erkannte. Er sollte zum fähigen Sportarzt avancieren, später einmal innerhalb kurzer Zeit seinen schuldenbelasteten Stammverein, die Grasshoppers Zürich, sanieren, was ihm kurzfristig auch gelang. Was ihm aber misslang, war die neue Sponsorensuche und somit eine längerfristige Sanierung.

Mit dem Aufbruch der „Nati“ unter Uli Stielike und später unter dem Engländer Roy Hodgson wurde auch der Kampf um den Goalieposten verschärft. Huber (Lausanne Sports), Brunner (GC), Pascolo (Servette Genf), Lehmann (FC Sion) hiessen die Kandidaten, auch Corminboeuf (Xamax Neuenburg) war ein Guter. Schliesslich setzte sich Marco Pascolo durch, der das Tor 1994 an der erfolgreich gestalteten WM in den USA hütete und ungemein reflexstark, auf der Linie kaum zu bezwingen war. Marco Pascolo hatte jedoch eine Schwäche: Er konnte nicht gut abschlagen, jeder Rückpass wurde zur Zitterpartie, was ihm den bösen Spitznamen „Fiascolo“ eintrug. Einmal erzielte der Sohn italienischer Eltern aber in der Liga kurioserweise direkt ein Tor mit einem Auskick, das war glaube ich gegen Sion.

Marco Pascolo wechselte später in die Serie A zu US Cagliari auf Sardinien, ehe er zum FC Zürich zurückkehrte und dort noch einmal „Natigoalie“ wurde. Andere, spätere gute Torhüter taten es dem Westschweizer gleich: Der Thurgauer Pascal Zuberbühler (GC, FC Basel), Spitzname „Zubi/Azubi“, war bei Bayer Leverkusen als Verursacher vieler Patzer nicht gerne gesehen, Jörg Stiel (FC St. Gallen) in Mönchengladbach umso mehr. Yann Sommer, der heutige Stammgoalie der Schweiz, spielt ebenfalls am Bökelberg, Kobel in Stuttgart, Bürki und Hitz wechseln sich in Dortmund ab, Yvon Mvogo (ex-Leipzig) spielt beim PSV Eindhoven, Omlin in Montpellier.

Schweizer Goalies scheinen eine Qualitätsmarke zu sein wie Omega oder Tissot, Qualität, auf die man nicht zuletzt im Ausland setzt. Schweizer Goalies sind zuverlässig und wenig störanfällig. Deshalb avancierten sie zum Exportschlager.

 


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